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Künstliche Intelligenz in der Schlaganfall-DiagnostiK: onvolutional Neural Networks (CNN)

  • Sebastian Casu
  • 3. Jan.
  • 3 Min. Lesezeit


Die Bedeutung von Zeit im Kontext eines Schlaganfalls lässt sich nicht oft genug betonen: Je schneller eine Diagnose gestellt und eine Behandlung eingeleitet wird, desto größer sind die Chancen auf eine erfolgreiche Genesung. Eine kürzlich veröffentlichte Studie in NATURE beleuchtet das Potenzial von KI-gestützten Modellen, die Diagnose und das Management von ischämischen Schlaganfällen erheblich zu verbessern. Die Ergebnisse dieser Untersuchung könnten einen wichtigen Schritt in der Optimierung der Schlaganfallversorgung darstellen.


Methodik der Studie: So arbeitet die KI

In der Studie wurde ein KI-gestütztes Modell entwickelt, das auf Convolutional Neural Networks (CNN) basiert. Diese Netzwerke sind darauf spezialisiert, Bilddaten wie CT-Scans zu analysieren. Vereinfacht ausgedrückt funktionieren sie wie eine sehr detaillierte Bilderkennung, die Muster und Details identifiziert, die für das menschliche Auge schwer zu erkennen sind.

Ziel der Untersuchung war es, das Alter von Schlaganfall-Läsionen zu bestimmen. Hierbei handelt es sich um die geschädigten Hirnareale, die durch den Sauerstoffmangel während eines Schlaganfalls entstehen. Das chronometrische Alter beschreibt die Zeit, die seit dem Beginn der Symptome vergangen ist. Dies ist wichtig, weil bestimmte Behandlungen, wie die Auflösung von Blutgerinnseln (Thrombolyse), nur in einem engen Zeitfenster wirksam sind. Das biologische Alter hingegen gibt an, wie stark das Gewebe bereits geschädigt ist und ob es sich noch regenerieren kann.

Das Modell analysierte unenhanced CT-Scans (NCCT), also einfache CT-Bilder des Kopfes ohne Kontrastmittel. Diese sind der Standard in der Notfalldiagnostik, da sie schnell verfügbar sind. Die KI wurde darauf trainiert, die Läsionen automatisch zu segmentieren, also die betroffenen Bereiche im Gehirn zu markieren.

Automatisierte Segmentierung bedeutet, dass die KI eigenständig erkennt, welche Bereiche des Gehirns betroffen sind. Dies spart Zeit und reduziert menschliche Fehler. Anschließend wurde die Genauigkeit dieser automatischen Markierungen von Experten überprüft, um die Zuverlässigkeit des Modells zu validieren.

Ein weiteres Konzept, das in der Studie verwendet wurde, ist Radiomics. Hierbei handelt es sich um eine Technik, die quantitative Daten aus medizinischen Bildern extrahiert, wie z. B. Texturen oder Signalintensitäten. Diese Merkmale geben Hinweise auf den Zustand des Gewebes und helfen der KI, präzisere Vorhersagen zu treffen. Radiomics ermöglicht also eine detaillierte Analyse, die über das hinausgeht, was selbst geschulte Radiologen sehen können.


Ergebnisse der Studie

Die Ergebnisse sind beeindruckend: Das CNN-Modell konnte das Alter der Schlaganfall-Läsionen deutlich genauer vorhersagen als bisherige Methoden. Hier einige der wichtigsten Erkenntnisse:

  • Höhere Genauigkeit: Mit einem R²-Wert von 0,577 übertraf das Modell die derzeit besten Verfahren, wie die Net Water Uptake (NWU)-Methode, die häufig zur Einschätzung des Gewebeschadens verwendet wird.

  • Präzisere Beurteilung des Gewebes: Das Modell konnte zwischen akutem Gewebe (weniger als 6 Stunden alt) und subakutem Gewebe (6 bis 48 Stunden alt) unterscheiden, was entscheidend für die Behandlungsplanung ist.

  • Zeiteffizienz: Trotz der umfangreichen Datenverarbeitung konnte die Analyse innerhalb weniger Minuten abgeschlossen werden – ein entscheidender Vorteil in der Notfallversorgung.

Darüber hinaus zeigte das Modell seine Stärken bei der Vorhersage von biologischen Prozessen wie der Expansion der Läsion und der Abgrenzung zwischen irreversibel geschädigtem Gewebe (Kern) und potenziell rettbarem Gewebe (Penumbra).


Limitationen der Untersuchung

Wie bei jeder innovativen Technologie gibt es auch hier Einschränkungen:

  1. Abhängigkeit von der Bildqualität: Unscharfe oder verrauschte CT-Bilder können die Genauigkeit des Modells beeinträchtigen. In der Praxis variiert die Bildqualität je nach Scanner und Krankenhaus.

  2. Notwendigkeit einer Expertenvalidierung: Obwohl das Modell die Segmentierung automatisiert durchführt, müssen Experten die Ergebnisse noch überprüfen. Dies reduziert zwar Fehler, erhöht aber den Arbeitsaufwand.

  3. Generalisierbarkeit: Die Studie verwendete Daten aus mehreren Kliniken, doch die Übertragbarkeit auf weltweit unterschiedliche Patientengruppen bleibt unklar.

  4. Fehlende Integration in den Klinikalltag: Die meisten Ergebnisse basieren auf retrospektiven Daten. Der Nutzen in Echtzeitanwendungen muss noch weiter erforscht werden.


Mein Ausblick: Ein Paradigmenwechsel in der Notfallmedizin

Diese Studie verdeutlicht, wie KI in der Schlaganfalldiagnostik entscheidende Fortschritte bringt. Die Fähigkeit, sowohl das chronometrische als auch das biologische Alter von Läsionen präzise zu bestimmen, bietet enorme Vorteile – von der schnelleren Entscheidungsfindung bis zur personalisierten Behandlung.

Als Notfallmediziner sehe ich hier ein enormes Potenzial. KI kann nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Qualität der Patientenversorgung verbessern und wird zweifelsohne der Standard in der Zukunft der Schlaganfallversorgung sein. Ganz passend zu den Worten des Radiologen und AI Forscher Prof. Curtis Langlotz:

AI won’t replace Radiologists, but radiologists who use AI will replace radiologists who don’t.

 

 

 
 
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