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Interoperabilität und Künstliche Intelligenz – Schlüssel zur Digitalisierung im Gesundheitswesen



Die Digitalisierung im Gesundheitswesen schreitet voran, doch ein entscheidender Faktor bleibt oftmals unzureichend beachtet: die Interoperabilität. Sie bildet das Fundament für die effiziente Vernetzung von Systemen, den reibungslosen Datenaustausch und die optimale Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI). Ohne Interoperabilität bleibt die Digitalisierung fragmentiert – mit erheblichen Konsequenzen für Patientenversorgung und klinische Prozesse.


Warum ist Interoperabilität so wichtig?

Interoperabilität beschreibt die Fähigkeit unterschiedlicher Systeme, Technologien und Organisationen, nahtlos miteinander zu kommunizieren und Daten auszutauschen. Im Gesundheitswesen bedeutet das: Elektronische Patientenakten (EPA), Krankenhausinformationssysteme (KIS), Diagnostikgeräte und mobile Gesundheitsanwendungen müssen miteinander verknüpft werden. Nur so können relevante Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort bereitgestellt werden.

Ein Beispiel: Ein Patient wird in einer Notaufnahme behandelt. Ohne Interoperabilität stehen frühere Laborergebnisse oder Bilddaten, die in einer anderen Klinik erstellt wurden, nicht rechtzeitig zur Verfügung. Oder, wer kennt es nicht, das “digitale Notfallprotokoll” muss nach Fertigstellung durch den Rettungsdienst vor Ort in der Notaufnahme ausgedruckt werden, wird dem Team der Notaufnahme ausgehändigt, die das Papier wiederum einscannt und als PDF im Archiv der Patientendatei im Krankenhausinformationssystem speichert. Dies führt nicht nur zu Verzögerungen, sondern auch zu potenziell vermeidbaren Fehlern, da dezidierte Daten (Vitalpaameter, etc.) heute noch im Format der PDF Datei untergehen, anstatt strukturiert in die aktuelle Patientenakte übertragen und somit direkt nutzbar gemacht zu werden. Mit interoperablen Systemen wäre ein nahtloser Zugriff auf diese Daten möglich – ein Gewinn für Effizienz und Patientensicherheit.


Die Rolle der Künstlichen Intelligenz

Künstliche Intelligenz bietet enorme Chancen im Gesundheitswesen, sei es in der Diagnostik, der prädiktiven Analyse oder der Prozessoptimierung. Doch KI ist nicht nur von Interoperabilität abhängig – sie kann selbst einen entscheidenden Beitrag leisten, um die Interoperabilität zu fördern.

  1. Zugang zu umfassenden Datensätzen: Interoperable Systeme ermöglichen den Zugriff auf strukturierte und unstrukturierte Daten aus unterschiedlichen Quellen. Strukturierte Daten sind z. B. Laborwerte, die in Tabellenform vorliegen, während unstrukturierte Daten Freitext in Arztberichten oder Bildbefunde umfassen. KI-Modelle können diese unstrukturierten Daten analysieren und in strukturierte Formate überführen, sodass sie einfacher mit anderen Systemen geteilt werden können.

  2. Vermeidung von Datensilos: Datensilos sind isolierte Systeme, in denen Informationen nicht mit anderen Systemen geteilt werden können. KI kann helfen, diese Silos aufzubrechen, indem sie Daten aus verschiedenen Quellen integriert und vereinheitlicht. Dadurch wird ein effizienterer Austausch möglich.

  3. Standardisierung und Harmonisierung: KI kann genutzt werden, um unterschiedliche Datenformate und Standards zu harmonisieren. Zum Beispiel könnten Algorithmen automatisch Daten aus verschiedenen Systemen in einheitliche Formate konvertieren, die den HL7 FHIR (Fast Healthcare Interoperability Resources)-Standard einhalten. Dies erleichtert nicht nur den Austausch, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Systemen.

Ein konkretes Beispiel für diese Synergie: In der Intensivmedizin können KI-Algorithmen Vitaldaten wie Herzfrequenz, Blutdruck und Sauerstoffsättigung aus verschiedenen Monitoren und Geräten in Echtzeit aggregieren. Die KI analysiert diese Daten und erkennt Muster, die auf sich verschlechternde Zustände hinweisen können. Gleichzeitig strukturiert sie die Daten so, dass sie problemlos in das Krankenhausinformationssystem integriert werden können, wodurch Ärzte einen Überblick über den Zustand des Patienten erhalten.


Herausforderungen auf dem Weg zur Interoperabilität

Trotz der klaren Vorteile gibt es erhebliche Herausforderungen:

  1. Technologische Fragmentierung: Viele Gesundheitseinrichtungen verwenden proprietäre Systeme, die nur schwer miteinander kompatibel gemacht werden können. Das erschwert den Datenaustausch erheblich.

  2. Datenschutz und Sicherheit: Der Austausch sensibler Gesundheitsdaten erfordert robuste Sicherheitsmaßnahmen. Gleichzeitig müssen gesetzliche Vorgaben wie die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) eingehalten werden, um die Privatsphäre der Patienten zu schützen.

  3. Widerstand gegen Wandel: Die Implementierung interoperabler Systeme ist oft mit hohen Kosten und organisatorischem Aufwand verbunden. Zudem müssen Mitarbeiter geschult und Prozesse angepasst werden, was nicht selten auf Widerstand stößt.


Der Weg nach vorn: Synergie von Interoperabilität und KI

Die Zukunft des Gesundheitswesens hängt von der erfolgreichen Verknüpfung von Interoperabilität und KI ab. Hier einige Schlüsselstrategien:

  1. Einheitliche Standards: Die flächendeckende Implementierung von Standards wie HL7 FHIR sollte Priorität haben, um den Datenaustausch zu vereinfachen und die Zusammenarbeit zwischen Systemen zu verbessern.

  2. Investitionen in IT-Infrastrukturen: Staatliche und private Investitionen sind notwendig, um moderne, interoperable Systeme zu schaffen, die sowohl flexibel als auch sicher sind.

  3. Schulung von Fachkräften: Mitarbeiter müssen im Umgang mit interoperablen Systemen und der Anwendung von KI geschult werden. Nur so kann das volle Potenzial dieser Technologien ausgeschöpft werden.

  4. Fokus auf Patientenzentrierung: Interoperabilität und KI sollten immer darauf abzielen, die Patientenversorgung zu verbessern. Beispielsweise könnten Patienten selbst Zugriff auf ihre Daten haben und diese mit verschiedenen Gesundheitsdienstleistern teilen.


Fazit: Interoperabilität und KI als Treiber der Digitalisierung

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen wird nur dann ihr volles Potenzial entfalten, wenn Interoperabilität und KI Hand in Hand gehen. Interoperable Systeme schaffen die Grundlage für den Austausch wertvoller Daten, während KI diese Daten nutzt, um intelligente Lösungen zu entwickeln. Gleichzeitig kann KI selbst durch die Strukturierung und Harmonisierung von Daten dazu beitragen, Interoperabilität zu fördern. Gemeinsam können sie dazu beitragen, die Effizienz zu steigern, Fehler zu reduzieren und letztlich die Patientenversorgung zu revolutionieren.

Die Herausforderung besteht darin, technologische, organisatorische und regulatorische Hürden zu überwinden. Doch der Aufwand lohnt sich: Ein vernetztes, digitalisiertes Gesundheitssystem ist nicht nur ein Gewinn für die Medizin, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes.

 

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